Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

Bilder der Angst? Visuelle Anthropologie Islamophober Objekte in Berlin

Ein zweisemestriges Projekttutorium (SS 19 - WS 19/20) gefördert von der AG Projekttutorien an der Humboldt-Universität zu Berlin, geleitet von Fiona Katherine Smith und fand am ehmaligen Querschnittsbereich Islam in den Gesellschaften Asiens und Afrikas statt.

Hass ist keine Meinung

Ein Sticker auf einer Straßenlampe, Berlin-Marzahn

© Fiona Katherine Smith

Kurzbeschreibung

In der ersten Phase wird der Begriff ‚Islamophobie‘ bezüglich der Angst im gesellschaftspolitischen Diskurs über Islam und Muslime untersucht und mit weiteren Begriffen verglichen, um eine verwendbare Definition davon zu entwickeln. In der zweiten Phase werden die Teilnehmer*innen aufgefordert, Objekte in Berlin visuell aufzunehmen, die eine ‚Islamophobie‘ Prägung vermuten lassen. In der dritten Phase werden diese Objekte durch verschiedenen wissenschaftlichen Methoden bezüglich Angstprägung und –Verbreitung analysiert. Die Ergebnisse der Analyse werden zusammen mit den Aufnahmen Online präsentiert und mit Hilfe Angaben zum Ort und verbundenen Diskursen kontextualisiert, um einen Beitrag zur aktuellen Diskussion der Präsenz von ‚Islamophobie‘ in der Öffentlichkeit zu leisten. Das Projekttutorium, das stark mit einem E-Learning-Format arbeiten wird, ist offen für alle Studierende, um eine Vielfalt der Perspektiven und Fachdisziplinen abzusichern. Anthropologische Erfahrung und Kreativität sind wünschenswert aber nicht erforderlich.

Endprodukt

Der Sammelband 'Bilder der Angst? Islamophober Objekte in Berlin' wurde Mai 2020 online veröffenlicht.

Cover Bilder der Angst

Abschlussbericht

Teilnahme und Arbeitsleistung

Das interdisziplinäre Projekttutorium ‚Bilder der Angst? Visuelle Anthropologie Islamophober Objekte in Berlin‘ fand zwischen Sommersemester 2019 und Wintersemester 2019/20 an dem Querschnittsbereich Islam in den Gesellschaften Asiens und Afrikas des Instituts für Asien- und Afrikawissenschaften statt. Pro Semester haben Teilnehmer*innen aus verschiedenen Fachrichtungen durch regelmäßige Teilnahme und die Verschriftlichung von kommentierten Schlüsselzitaten (1. Semester) bzw. Mini-Forschungsprojekte (2. Semester) jeweils 3 Leistungspunkte erworben. Im Rahmen des Aufbaumoduls Kultur/Identität konnten Studierende der Bachelorstudiengang Regionalstudien Asien/Afrika zusätzlich dazu die unbenotete Hälfte der Moduleleistung erbringen. Im ersten Semester war mit einer regelmäßigen Teilnahme von ca. 10-15 Studierenden gut besucht, während im zweiten Semester die Gruppe ‚klein aber fein‘ mit 7 regelmäßigen Teilnehmer*innen war, die alle sehr engagiert und überzeugt von dem Konzept des Forschenden Lernens waren. Nicht nur Studierende der Regionalstudien haben daran teilgenommen, sondern auch Studierende der Kulturwissenschaften, Erziehungswissenschaften, Gender Studies, europäischer Ethnologie, deutscher Philologie, Philosophie (Uni Potsdam), sowie Gasthörer*innen (inklusiv zwei Stipendiaten von der Bundestagstiftung). Die Mehrheit der Teilnehmer*innen war trotzdem vom IAAW.

Verlauf und Ergebnisse

Im Sommersemester 2019 fand die erste Phase des Projekttutoriums statt. Das Ziel war eine verwendbare Definition des Begriffs der ‘Islamophobie’ zu schaffen. Dies wurde für notwendig gehalten, weil das Wortteil ‘-phobie’ eine extreme Angst oder Ekel andeutet, welches im Fall der ‘Islamophobie’ nicht unbedingt zutreffend wäre. Außerdem ist es unklar, worauf ‘Islam-’ sich bezieht. In dieser Phase wurden Themen wie unter anderen Framing, Othering, Orientalismus, und sexualisierte Rassismus mit Hilfe der Seminarlektüre untersucht und kritisch diskutiert. Durch das Prinzip des Peer-Learnings konnten Studierende mit Vorkenntnissen mit den anderen deren Wissen teilen, und die verschiedenen Fachrichtungen haben eine Methodenvielfalt erbracht.

Da die Gruppe im zweiten Semester etwa kleiner war, konnten die Lektüreaufgaben zu deren Interessen besser angepasst werden. Dementsprechend haben sich schon früher in dem Semester sehr interessante Forschungsprojekte zu Islamophoben Objekten entwickelt. Zum Beispiel hat Janek Mattheus eine sehr gute Diskursanalyse von der Sicherheitsmaßnahmen am Breitscheidplatz geschrieben, und Dunya Zangana hat einige Reaktionen von Muslime und Muslimas auf die aufgenommenen Objekte gesammelt. Diese Mini-Projekte erscheinen in dem Sammelband als einzelne Kapitel und gelten als Arbeitsleistungsnachweis für die Teilnahme.

Ergebnisse

Das Ergebnis des ersten Semesters war die Definition der ‚Islamophobie‘, die wir als Gruppe im zweiten Semester verwendet haben. Diese Definition formt der Basis der Einleitung zu dem Sammelband „Bilder der Angst? Visuelle Anthropologie Islamophober Objekte in Berlin,“ der als Endprodukt des Projekttutorium produziert wurde. Die Idee, einen Sammelband zu produzieren, kam von den Teilnehmer*innen selbst. Sie waren begeistert von einem ähnlichen Werk „Muslim Matters“ (Maneval & Kasmani 2016) und fanden die Idee schön, so einen Werk als Reaktion zur Islamophobie zu produzieren. Die  Kapitel sind wie folgt:

 

  1. Noisy Objects: Material Culture and Islamophobia in Berlin
  2. Leitkultur in Diskurs, Physik und Praxis. Eine Untersuchung deutscher Identitäskonstruktion am Beispiel des Breitscheidplatzes
  3. Islamophobe Tweets  in Berlin
  4. Islamophobe Reaktionen auf dem Ali Baba und die 40 Räuber Spielplatz, Berlin-Neukölln
  5. Inwieweit stärkt die Afd das Feindbild „Muslime“ durch ihre Wahlplakate und vergrößert damit die Islamophobie in Deutschland?
  6. Die ruhig gelegene Bushaltestelle

 

Zwischen den Kapiteln sind Reaktionen von Muslime und Muslimas, die Dunya Zangana gesammelt hat. Einige sind Reaktionen auf einzelne Objekte, während die Mehrheit allgemeine Reaktionen und Perspektive zu der gestiegenen Islamophobie in Europa. Dank der aktuellen Situation ist der Sammelband noch in Bearbeitung und wird spätestens in Juni 2020 erscheinen und auf die Seite des IAAWs veröffentlicht.

Feedback und Reflektion

Das Feedback am Ende beider Semester war sehr positiv. Die Teilnehmer*innen fanden den Inhalt des Unterrichts sehr spannend und waren mit dem erworbenen Wissen zufrieden. Auch durch die kommentierte Schlüsselzitate konnte es gesehen werden, dass die Teilnehmer*innen den Lektüreaufgaben gut verstanden haben und sich kritisch mit den Begriffen Islamophobie, Islamfeindlichkeit, anti-Muslimischer Rassismus, Affekt, usw. auseinandergesetzt. Die Erstellung des Sammelbands war sehr intensiv, welche wegen der aktuellen Situation noch verzögert wurde. Trotzdem waren alle Teilenhmer*innen im Prozess sehr engagiert und haben deren Aufgaben unter sich geteilt und durchgeführt.

Kontakt

Fiona Katherine Smith, B.A. (Tutorin)

fiona.katherine.smith (at) hu-berlin.de