Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

Die Partizipation deutscher Botaniker an der imperialen Durchdringung Indiens

Das Habilitationsprojekt von Dr. des. Tobias Delfs

 

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(Der Münchner Professor für Botanik Carl Friedrich Philipp von Martius (1794-1868), https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Portraits_of_Carl_Friedrich_Philipp_von_Martius?uselang=de#/media/File:Carl_Friedrich_Philipp_von_Martius.jpg

 

Das Habilitationsprojekt behandelt die Partizipation deutscher und deutschsprachiger Botaniker an der imperialen Durchdringung des indischen Subkontinents im 19. Jahrhundert über die Generierung von Wissen und imperiale Umweltdiskurse. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Zeit zwischen dem Wiener Kongress und dem Beginn des deutschen Kolonialismus. Dabei handelte es sich um eine Zeit, in der die deutschen Staaten noch ohne deutschen Einheitsstaat und ohne eigene Kolonien waren. Dennoch beteiligten sich auch zu dieser Zeit schon deutschsprachige Botaniker und Naturforscher am „empire of knowledge“, konnten aus dessen Sammlungen und dem internationalen Austausch Profit ziehen, steuerten selbst eigene Kollektionen und andere Beiträge bei, kreierten oder förderten, absichtlich oder unabsichtlich, mit ihrer Expertise und ihren Klassifizierungen die koloniale Verwaltung der Ökosysteme und damit letztlich auch die Ausbeutung der Umwelt durch die Kolonialmächte. Bei den betreffenden Akteuren konnte es sich sowohl um vor Ort sammelnde Amateure wie auch um im deutschen Raum sesshafte Forscher handeln. Universitätsprofessoren und Kuratoren partizipierten genauso wie Missionare, Ärzte, Apotheker oder Forschungsreisende.

Das Projekt geht folgenden Fragen nach: 1.) Welche Akteure und welche Institutionen waren überhaupt und auf welche Weise beteiligt? Neben den Botanikern selbst spielten zum Beispiel auch die Botanischen Gärten und die Wissenschaftsgesellschaften als Schnittstellen im botanischen Netzwerk eine große Rolle, besonders indem sie den nationalen und internationalen Austausch förderten, Preise und Ehrungen vergaben, Karrieren beförderten, Forschungen finanzierten oder Instruktionen verfassten. 2.) Gab es politische oder kolonialherrschaftliche Interessen in der Politik im deutschsprachigen Raum? Hatten solche Interessen Auswirkungen auf die Pflanzenkunde? Auch bei diesen Fragen geht es beispielsweise um die Finanzierung von Forschungen und die Auftraggeber. 3.) Wie gestalteten sich die Naturforschung im deutschsprachigen Raum und ihr Verhältnis zu den Kolonialmächten? Gab es direkte Kontakte? Hinzu kommen 4.) sozialgeschichtliche Fragen nach den tragenden Gruppen und Schichten vor allem unter den deutschen botanischen Zulieferern in Indien, deren Herkunft, Interessenlagen und Motivationen. Wer unterstützte sie vor Ort? Und schließlich 5.): Existierte innerhalb der Botanik ein deutsches Netzwerk oder überwog die internationale Zusammenarbeit? Wie funktionierte das Netzwerk in der Praxis? Zu untersuchen ist diesbezüglich etwa Südafrika als zentraler Knotenpunkt für den Austausch zwischen Indien und Europa.