Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

Nachruf auf Frau Dr. Barbara Börner-Westphal (1938–2025)



 

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Barbara Börner-Westphal studierte Indologie (1956–1961) an der Universität Leipzig und an der Berliner Humboldt-Universität. 1977 wurde sie in Berlin mit einer Dissertation „Zur Funktion der Vergangenheitstempora im Hindi“ promoviert. Bis 1998 war sie Hindi-Dozentin am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften der Humboldt-Universität und leitete die dortige Sprachausbildung für Hindi.

Barbara Börner-Westphal hatte Indologie in einem umfassenden Sinne, als alt- und neuindische Philologie (mit den Sprachen Sanskrit, Prakrit, Pali, Hindi, Urdu und Bengali sowie Persisch und Arabisch) mit südasiatischer Literatur, Philosophie und Geschichte studiert. Seit 1962 war sie dann mit der Aufgabe betraut, die systematische Hindi-Ausbildung an der Humboldt-Universität aufzubauen, wofür sie auch eine Zusatzausbildung auf dem Gebiet der Fremdsprachenmethodik absolvierte. Nach ihrer Promotion erarbeitete sie umfangreiche Lehrmaterialien für Hindi (für Grund- und Aufbaukurse, für die Dolmetscherausbildung, zur sprachbezogenen Landeskunde und zur Grammatik). Der Hindi-Grundkurs von ca. 550 Seiten (Manuskript) begleitete über viele Jahre, weit über die Pensionierung von Barbara Börner-Westphal hinaus, ganze Generationen von Studentinnen und Studenten an der Humboldt-Universität und wurde seit 1990 auch an der Universität Heidelberg mit Erfolg eingesetzt. Dieses Hindi-Lehrmaterial war das erste seiner Art im deutschsprachigen Raum. Es kombinierte didaktisch klug aufbereitete Sprachvermittlung mit landeskundlichen Informationen und konnte auch von Lehrkräften, die ohne pädagogische Vorbildung in den Hindi-Unterricht einstiegen, erfolgreich eingesetzt werden. Da Barbara Börner-Westphal das Material erarbeitet hatte, bevor Textverarbeitung am Computer überall möglich wurde, musste sie alle Devanagari-Passagen von Hand einsetzen. Ihre gestochen scharfe, ästhetisch anspruchsvolle Schrift ließen dies jedoch nie als einen Mangel erscheinen. Ihre schwere Erkrankung führte leider dazu, dass sie es nicht auf sich nehmen konnte, das Lehrmaterial in Buchform zu veröffentlichen. So blieb ihre große Leistung auf diesem Gebiet der breiteren akademischen Öffentlichkeit verborgen.

Seit den 1970er Jahren arbeitete Barbara Börner-Westphal ganz maßgeblich an dem Langzeitprojekt eines Hindi-Deutsch-Wörterbuches mit, das bereits 1987 als Manuskript von ca. 750 Seiten vorlag, aber erst 2002 – nach vielen externen Verzögerungen – als Handwörterbuch Hindi-Deutsch von Margot Gatzlaff-Hälsig im Hamburger Buske-Verlag herausgegeben werden konnte (2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2013). Ihre Tätigkeit als Betreuerin des Wörterbuchprojekts führte sie in den frühen 1980er Jahren zu diversen mehrwöchigen Forschungsaufenthalten nach Neu-Delhi, an das Central Hindi Directorate des indischen Bildungsministeriums, das sich damals der Erarbeitung eines Deutsch-Hindi-Wörterbuches widmete.

Neben ihrer umfangreichen Lehr- und Wörterbuchtätigkeit verfasste Barbara Börner-Westphal auch diverse Aufsätze zu verschiedenen sprachwissenschaftlichen und -didaktischen Fragestellungen bezüglich des Hindi und beteiligte sich an Übersetzungsprojekten.

Den Studentinnen und Studenten der Humboldt-Universität (und seit 1990 auch der Berliner Freien Universität), die Barbara Börner-Westphal kannten, wird sie besonders durch ihr sehr profundes Wissen, ihre außerordentliche Akribie und ihre Vielseitigkeit in der Lehre, aber auch durch ihre große persönliche Bescheidenheit in Erinnerung bleiben. Ihr Spektrum reichte von regulären Grund- und Aufbau- über Grammatik- bis zu speziellen Lektürekursen für Studentinnen und Studenten der neuen und der vormodernen Geschichte, der Literatur- und der Wirtschaftswissenschaften sowie für angehende Hindi-Übersetzerinnen und -Übersetzer. Darüber hinaus bot sie besonderen Hindi-Unterricht für Sanskrit-Kundige an. Ihre Art zu lehren hat Generationen von Hindi-Interessierten an der Humboldt-Universität auch in allgemeineren Fragen des Lernens und Studierens positiv und nachhaltig geprägt.

Barbara Börner-Westphal ging stets auf die Interessen ihrer Studentinnen und Studenten ein. Auch nach ihrer Pensionierung unterrichtete sie im kleinen Kreis weiter und las zum Beispiel die Werke des bedeutenden Hindi-Autors Narendra Kohli. Von 1998 bis 2005 entwickelte sie eine besondere Form der Heranführung an den Hindi-Film, indem sie zunächst alle Dialoge eines Films in Devanagari auf dem Computer niederschrieb und dann mit der Studentin übersetzte. Davon zeugt die eindrucksvolle Sammlung ihrer Hindi-Filme und -Filmskripte; und auch die von ihr über Jahrzehnte gesammelten Bücher kommen heutigen Studierenden noch zugute.

Diejenigen, die Barbara Börner-Westphal nahestanden, werden sich an ihre herzlich-fürsorgliche Art erinnern, und an ihre vielseitigen (auch handwerklichen) Interessen, wie das Gärtnern oder auch das Origami.

Am 27. Januar 2025 ist unsere Lehrerin, Kollegin und Freundin Barbara Börner-Westphal verstorben. Wir gedenken ihrer in Liebe und großer Dankbarkeit.

Annette Schmiedchen, Christina Oesterheld, Ines Fornell, Frank Busjahn, Rainer Schmiedchen