Selbstreflexives Kurzessay über eigenes Medienhandeln und Medienberichterstattung über die Anschläge in Paris
Felicitas Ofosuaa
© Felicitas Ofosuaa privat
Mein Name ist Felicitas Ofosuaa und ich studiere im 5. Semester Regionalstudien Asien und Afrika an der Humboldt-Universität zu Berlin. Für jene, die mit dem Studiengang noch nie in Berührung gekommen sind, stellen sich bestimmt erstmal viele Fragen, wie beispielsweise, was genau dieser Studiengang eigentlich behandelt - was der Name von selbst beantwortet - und was man nach seinem Bachelor damit machen kann. Viel wichtiger finde ich aber, was man während des Studiengangs schon alles machen kann und was er mit einem selbst macht.
Er bietet den Studierenden eine viel globalere Sichtweise auf alle vergangenen und aktuellen Geschehnisse auf unserem Erdball und dafür ist vor allem das Benutzen von Medien aller Art unglaublich wichtig und vorteilhaft. Fängt man aber erst einmal an über ein Thema zu recherchieren, merkt man, wie viel umfangreicher die Mediatheken geworden sind und vor allem das Internet eine ganz zentrale Rolle eingenommen hat. Schnell wird klar, man kann riesige Berge an Informationen finden. Ist ein Thema momentan sehr wichtig für die gesamte Menschheit, kann es alle unter sich verschütten, denn wir kommen gar nicht mehr daran vorbei. Die Lawine hat jeden erfasst und so gut wie jeden Winkel dieser Erde überrollt.
Medien haben einen großen Einfluss auf die Menschheit und vor allem auf jene, die in Metropolen wie beispielsweise Berlin wohnen. Das Verlangen nach neuen und besseren technischen Geräten ist enorm, da fühlt man sich fast schon seltsam, wenn man diesen Trend nicht mitmacht. Fast jeder Mensch dort hat ein Smartphone oder einen Computer und das ständige Aktualisieren von Nachrichten und gesellschaftlichen Informationen ist unumgänglich. Doch was ist es genau, was die Menschen daran fasziniert und was ist es, dass sie so daran fesselt? Was machen terroristische Anschläge mit uns, die von den Medien unkontrollierbar zu uns übertragen werden?
Freiheit. Das versuche ich so gut zu leben wie ich kann, zu jedem Zeitpunkt und in vielen verschiedenen Formen. Mir die Freiheit nehmen, so zu sein wie ich will, wann ich spreche und was ich sage. Nur zu handeln, wenn ich es will und nur das zu tun, was mir wirklich gefällt. Und es gelingt mir ohne einen zwanghaften Medienkonsum sogar sehr gut. Seit jetzt schon mehr als 2 Jahren habe ich kein Smartphone mehr und seit meinem Auszug in eine eigene Wohnung ohne Fernseher fühle ich mich viel unabhängiger. Habe mehr Kontrolle über Nachrichten, Werbung, Serien, Dokumentationen und Filme. Die einzigen technischen Geräte, die ich besitze und mir ungewollte Informationen übermitteln können, sind mein Laptop via Internet und mein CD- und Kassettenabspielgerät mit Radiofunktion. Doch selbst davon lasse ich so oft wie möglich die Finger. Nur für mein Studium habe ich mir einen Laptop zugelegt und das Radio bietet oft Alternativen an Musik und Nachrichten zum Fernseher.
Es macht mir Angst zu wissen, dass Massenmedien bereits so viele Menschen dieser Erde abhängig machen und kaum noch jemand vermag ohne sie auszukommen. Doch mir zeigt gerade der Verzicht darauf, wie viel anderes Wichtiges es auf diesem Planeten gibt, und dass der Konsum von globalen Informationen nicht davon abhängig ist, wie oft man auf Medien zugreift. Vielmehr nimmt die Verdummung der Menschen zu; eigene und reflektierte Meinungen nehmen ab. Auch Bücher oder Veranstaltungen mit interessanten und wichtigen Inhalten erhalten weniger Aufmerksamkeit und Kommunikation zwischen Menschen findet immer häufiger erst durch Computer und Mobilfunkgeräte statt.
Am Freitagabend, jenem erschütterten Freitag, an dem die Attentate in Paris die gesamte Menschheit beängstigten, saß ich in gemütlicher Atmosphäre und in für mich kostbarer Gesellschaft zu Hause und habe über Persönliches philosophiert. Dinge, die ich als wirklich wichtig einstufe, fernab vom Medienrummel. Mein Verlangen bei Treffen mit Freunden oder Bekannten auf Medien Zugriff zu haben, ist sehr begrenzt. Mein Schwerpunkt im Studiengang Regionalwissenschaften Asien und Afrika liegt nämlich momentan auf rassistischen und sexistischen Diskriminierungsformen in Institutionen, Familienstrukturen und im Alltag. Da ich selbst eine Afrodeutsche Frau bin und mit diesen Phänomenen konfrontiert werde, brauche ich nicht unbedingt permanent Medien zu konsumieren. Erfahrungsberichte und mündliche Diskurse spielen für mich dabei eine viel wichtigere Rolle.
Dennoch blieb mir die Nachricht aus Paris nicht erspart, worüber ich auch glücklich und dankbar bin. Samstagnachmittag rief mich eine Kollegin während der Arbeit an und erzählte mir, was passiert war. Unmittelbar nach der Information verspürte ich Angst und eine Art Eingrenzung meiner Freiheit, Erdrücken meiner positiven Gefühle und Bilder entstanden in meiner Fantasie. Was würdest du machen, wenn jetzt jemand in diesen Laden kommt, in dem du arbeitest und anfängt zu schießen? Auf dich. Auf alle Menschen.
Der Arbeitstag hatte gerade erst begonnen. Auch Bilder der vergangenen, noch so angenehmen Nacht schossen durch meinen Kopf, doch der Drang nach mehr Informationen über Paris und die Attentate war auch da. Ich habe Familie in Paris, doch wie ich später am Tag erfahren sollte, geht es ihnen gut. Zu Hause angekommen, fühle ich mich wieder wohler. Mein Verlangen, Nachrichten zu schauen hat sich wieder eingedämmt. Zu groß ist die Angst davor, dass der Hype über die Geschehnisse mich noch mehr beeinflussen könnte. Ja, ich bin sehr sensibel was das angeht, und genau aus dem Grund versuche ich auch oft auf Nachrichten zu verzichten und den Konsum auf geschätzt zwei Tage mit je zwei bis drei Stunden zu reduzieren.
Mein Hauptanliegen nach den neuesten Updates zum globalen Terror lag nun in einem Konzert, das ich am darauffolgenden Montag besuchen wollte und auch getan habe. Ständig spulte sich in meinem Innern ein Film ab mit Vorstellungen zu möglichen erschütternden Ereignissen, die dort passieren könnten. Auch jene Bilder, die über das Konzert aus Paris vom Bataclan gezeigt wurden und das ein deutsches Pärchen mit anderen Menschen über drei Stunden in einem Raum ausgeharrt ist, unmittelbar im Bataclan-Gebäude, umzingelt von Terroristen. Das machte mir große Angst und verschwand zum Glück aber wieder gegen Ende des Konzerts. Beruhigt zu Hause angekommen und zufrieden, dass ich mir das Konzert nicht habe entgehen lassen, ist unbezahlbar gewesen.