Vom Philosophen in Berlin zum Architekten in Tokyo: Seiichi Shirai
Seiichi Shirai (1905-1983) studierte in den 20er Jahren Philosophie in Kyoto und Deutschland. 1928 war sein Professor Karl Jaspers in Heidelberg, drei Jahre später wechselte Shirai an die Berliner Universität, wo er bei Friedrich Gundolf studierte. In Berlin war Shirai Redakteur der „Berlin Shūhō“, einer links-orientierten Wochenzeitschrift. Im Krisenjahr 1933 verließ Shirai die Stadt, um über Moskau per Bahn nach Japan zurückzukehren, wo er im Folgejahr als Autodidakt sein erstes Haus entwarf. Shirai hatte viele Kontakte im Künstler-, Verleger- und Priester-Milieu. Noch während des Krieges baute er sein erstes eigenes Haus in Tokyo. Nach dem Krieg wurde Shirai ein begehrter Referent und hielt Vorträge über Themen wie „Die Teezeremonie und Architektur“. 1956 veröffentlicht er den bahnbrechenden Essay „Jōmon-Dinge“. Den Diskurs der Nachkriegsmoderne in Japan hat Shirai als Entwerfer und Intellektueller entscheidend mitgeprägt. Seine Bezüge auf die Architektur der Jōmon-Zeit steht für eine Suche nach einem „Raum der geistigen Tiefe“. Shirais Werk wird als „exzentrisch, mysteriös und einzigartig“ beschrieben. Sein Entwurf für den Genbaku-dō in Hiroshima sollte „die Traurigkeit des Nuklearzeitalters“ ausdrücken.
Es handelt sich um einen Beitrag zur Vortragsreihe "Architekturen der Begegnung", die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität organisiert wird.
Seit den 60er Jahren entwarf Shirai eine Reihe von Gebäuden für die Shinwa Bank. 1974 erschien die erste Monographie über sein Werk und fünf Jahre später seine Essay-Sammlung „Musō“.
Welchen Einfluss hat Shirais Studienzeit in Deutschland auf sein Werk als Architekt in Japan gehabt? Worin besteht sein Beitrag zum Architektur-Diskurs in Japan?
Diesen Fragen geht der Berliner Architekturkritiker Ulf Meyer in seinem Vortrag nach.