The Ganges a Common Sewer? The Advance of Sewerage Technology and the Question of River Pollutionin British India, c. 1890-1930
Der Ganges ist die Lebensader Nordindiens. Er versorgt von alters her eine große Bevölkerung in Städten und Ansiedlungen. Sein Wasser ist die Hauptquelle für die Bewässerung von Agrarflächen, es ist Trinkwasser für Millionen von Menschen und wird von vielen industriellen Anliegern genutzt. Darüber hinaus hat er für Millionen Hindus einen unermesslichen religiösen und symbolischen Wert. Trotzdem er von herausragender ökonomischer, religiöser, sozialer und ökologischer Bedeutung ist, ist der Ganges mit seinen Reichtümern seit der britischen Kolonialherrschaft diversen Quellen der Verschmutzung ausgesetzt – etwa ungeklärtem Schmutzwasser aus Haushaltsabfällen, industriellen Abwässern und festen Abfallstoffen. Dieses Problem hat sich mit dem rasanten Bevölkerungswachstum, der Industrialisierung und Urbanisierung noch verstärkt. Sowohl unter der kolonialen Herrschaft wie nach der Unabhängigkeit hat der Zustand des Ganges die Besorgnis verschiedener Bevölkerungsgruppen ausgelöst, hat er zu Debatten und Konflikten geführt und zu starken Bestrebungen, den Fluss sauber zu halten.
Dieses Forschungsprojekt zielt darauf ab, den Diskurs zur Gangesverschmutzung untersuchen und entsprechende Versuche der Verschmutzungsprävention von der Zeit des British Raj bis zur jüngeren Vergangenheit. Mit Blick auf die Rollen der diversen Personen und Gruppen, die hieran teilhaben, soll untersucht werden, in welchem Ausmaß dieser Diskurs als eine Bühne der Verhandlung für übergreifendere Konflikte funktionierte. Dies beinhaltet erstens politische und soziale Konflikte zwischen bestimmten Gruppierungen der Gesellschaft, zum Beispiel zwischen dem Staat und lokalen Eliten, und zweitens ideologische Konflikte wie etwa Spannungen zwischen religiösen und säkularen/wissenschaftlichen Weltbildern, die sich in den verschiedenen Wahrnehmungen des Ganges darstellen. Zu den untersuchten Gruppen zählen religiöse Führer und Bewegungen, politische Parteien, die Medien, NGOs und andere.
Janine Wilhelm absolvierte von 2004 bis 2007 ihr Bachelor-Studium in Kulturwissenschaften und von 2007 bis 2009 das Master-Studium in Moderner Europäischer Geschichte an der FernUniversität Hagen. Ihr Studienschwerpunkt lag im Bereich der Kolonialgeschichte Indiens. So behandelte die Bachelor-Abschlussarbeit die Entwicklung des hindu-muslimischen Verhältnisses ab 1858 bis zur Unabhängigkeit. Der Titel der Master-Abschlussarbeit lautete: "Südindische Religion und Spiritualität in der Wahrnehmung europäischer Missionare. Roberto de Nobili, Bartholomaeus Ziegenbalg und Karl Graul im Vergleich". 2010 begann die Arbeit am vorliegenden Dissertationsprojekt.